Anforderungen und Elemente eines unternehmensinternen Anreizsystems

[toc]Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Einführung von Anreizsystemen für Social Software. Der Artikel ist im Rahmen der Vorlesung „Mensch-Computer-Interaktion“ im Herbsttrimester 2011 und dem anschließendem Praktikum im Wintertrimester 2012 in Kooperation mit BMW an der Universität der Bundeswehr entstanden. Nach einer kurzen Einführung in die Thematik werden die Anforderungen an ein generisches Anreizsystem, das im Rahmen einer unternehmensinternen virtuellen Plattform eingesetzt werden könnte, beschrieben.

Problemstellung und Zielsetzung

Bei der Einführung von Kooperationssystemen sehen sich Unternehmen häufig mit der Herausforderung konfrontiert, wie sie die späteren Nutzer zur Systemnutzung motivieren können. Vor diesem Hintergrund untersucht der vorliegende Artikel, inwieweit sich ein Anreizsystem[ref]Häufig auch als „Incentive-System“, „Incentivierungssystem“ oder „Punktesystem“ bezeichnet.[ref] für eine Plattform zur Unterstützung des „Innovationsmanagement 2.0“ eignet. Punktsysteme werden bereits erfolgreich von Großunternehmen wie Lufthansa (Miles & More) oder Deutsche Bahn (bahn.bonus), zur Attraktivitätssteigerung ihrer Produkte bzw. Serviceleistung gegenüber ihren Kunden, eingesetzt. Das Ziel bei der Einführung eines Anreizsystems im Unternehmenskontext ist Motivationsunterstützung, um Dinge „besser“ zu machen, zum Beispiel die Steigerung der Qualität von Beiträgen zu einem IT-System (z.B. Wiki).

Nachfolgend wird zunächst ein Blick auf aktuelle Erkenntnisse zu den Themenbereichen Motivation und Anreizsysteme allgemein geworfen. Daraufhin werden die oben genannten bereits bestehenden Systeme vorgestellt und daraus Bausteine für ein Konzept entwickelt, welche die Basis für ein Anreizsystem darstellen und in einer internen Enterprise 2.0-Plattform zum Einsatz kommen könnte.

Modell zur Systemnutzung

Die folgende Grafik gibt einen Überblick über die Einflussfaktoren bei der Systemnutzung. Es gibt im Wesentlichen zwei verschiedene Arten der Nutzung, diejenige aus eigenem Antrieb (intrinsisch) und die extern beeinflusste (extrinsisch). Dies ist im Modell die Anwendungsebene. In der Praxis sind die Grenzen zwischen beiden Motivationsarten fließend[ref]Links und rechts davon befinden sich unter Umständen noch Extremfälle, die hier nicht weiter besprochen werden.[/ref]. Auf der nächsten Ebene steht das Motiv, also aus welchem (psychologischen) Grund das System genutzt wird, beispielsweise weil man sich einer Gruppe (Community) zugehörig fühlen möchte oder einfach weil man dafür bezahlt wird. Auf der folgenden Ebene steht der Verdienst innerhalb des Systems, in der Regel in Form einer oder mehrerer virtuellen Währungen, die an dieser Stelle Status- bzw. Prämienpunkte heißen sollen. Am Ende steht der individuelle Nutzen für Systemanwender, also das, was man letztendlich für seinen Einsatz oder seine Aktivität im System erhält. An alle diese Ebenen können bestimmte Anforderungen gelegt werden, um daraus sinnvolle Bausteine für einzelne Aspekte eines integrierten Anreizsystems abzuleiten:

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Im Folgenden werden die wichtigsten Aspekte der Grafik im Rahmen des State-of-the-Art-Überblicks diskutiert und mögliche Bausteine für ein Anreizsystem in Form eines Punktesystems vorgestellt.

State of the Art

Die Ideengenerierung zur Schaffung von Innovationen findet bei BMW in der Vorentwicklung statt. Indem gewisse Anreize gesetzt werden, soll diese auf konstantem Niveau gehalten werden. Bei einem Anreizsystem ist ein zentraler Begriff immer die Motivation. Wie können Menschen motiviert werden, bestimmte Dinge zu tun, die für das Unternehmen von Vorteil sind?

Motivation

Ein wichtiges Element bei Enterprise 2.0-Plattformen ist, dass die Nutzer – und zwar möglichst viele – selbst Beiträge (hier: Ideen) beisteuern [ref]Koch, M., & Richter, A. (2007). Enterprise 2.0: Planung, Einführung und erfolgreicher Einsatz von Social Software in Unternehmen. München [u.a.]: Oldenbourg.[/ref]. Dazu müssen sie motiviert werden, dies auch zu tun. Doch was ist Motivation?

Laut Koch und Richter meint Motivation allgemein eine Beeinflussung der Richtung und Intensität des Verhaltens. Ein gerne verwendetes Synonym sei Verhaltensbereitschaft [ref]Koch, M., & Richter, A. (2007). Enterprise 2.0: Planung, Einführung und erfolgreicher Einsatz von Social Software in Unternehmen. München: Oldenbourg.[/ref]. Dabei werden zwei verschiedene Arten von Motivation unterschieden, die intrinsische und die extrinsische. Bei der intrinsischen kommt die Motivation eher von innen heraus. Man tut etwas, weil man an der Arbeit oder dem Resultat interessiert ist. Bei der extrinsischen Motivation tut man etwas, da man eine dritte Sache für die Arbeit als Lohn erhält (z.B. die Bezahlung in Form des Gehaltes, Sachgegenstände, etc.).

Anreizsysteme

Der Sinn und Zweck von Anreizsystemen in Unternehmen ist die Verhaltensbeeinflussung von Mitarbeitern [ref]Bau, F. (2003): Anreizsysteme in jungen Unternehmen: Eine empirische Untersuchung. Lohmar, Köln: Eul.[/ref]. Dies zielt darauf ab, dass, indem bestimmte Anreize gesetzt werden, insbesondere die Leistung der Mitarbeiter erhöht wird [ref]Weber, T. (2006): Anreizsysteme für die betriebliche Forschung und Entwicklung (1st ed.). Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag.[/ref]. Die Anreize haben dabei für den Empfänger einen subjektiven Wert oder Nutzen. Im unternehmerischen Kontext wird durch ein Anreizsystem somit das Ziel verfolgt, Verhaltenssteuerung durch Motivation zu erreichen. Die Ziele des Unternehmens und der Mitarbeiter sollen in Einklang gebracht werden [ref]Bub, H. J. (2010): Verkaufswettbewerbe: Planung, Durchführung und Erfolgskontrolle. Wiesbaden: Gabler.[/ref].

Wettbewerbs-Analyse

Im vorliegenden Konzeptpapier werden ausgewählte Anreizsysteme in Form von Bonus- bzw. Punktsystemen vorgestellt und besprochen:

  • Payback (Payback GmbH),
  • Miles & More (Deutsche Lufthansa AG) und
  • bahn.bonus (Deutsche Bahn AG).

Bei allen drei System sammelt der Kunde Punkte für gekaufte Produkte oder Dienstleistungen bei einem Unternehmen bzw. dessen Partnern. Bei zwei der drei Punktsysteme (Miles & More und bahn.bonus) findet eine Unterscheidung in Prämienpunkte und Statuspunkte statt. Die gesammelten Prämienpunkte können für bestimmte Prämien, in der Regel unternehmenseigene Produkte oder Dienstleistungen, eingetauscht werden. Statuspunkte können für bestimmte Vorteile oder Annehmlichkeiten eingesetzt werden (Besuch der VIP-Lounge im Bahnhof, bevorzugter Check-in, etc.). Die Punkte verfallen nach einiger Zeit.

Anforderungen

Die unten stehende Tabelle zeigt wichtige Aspekte, die es bei Einführung eines Anreizsystems zu beachten gilt bzw. über die man sich zumindest Gedanken gemacht haben sollte. Vorab sei erwähnt, dass die genannten Merkmale teilweise widersprüchlich sein können, da es sich hier zunächst um generische Merkmale handelt. Bei einer Einführung eines Anreizsystems sollte daher zunächst untersucht werden, welche Forderung im konkreten Fall sinnvoll sind und welche eher nicht. Gegebenenfalls müssen sie gegeneinander abgewogen werden.

Aspekte bei Einführung eines Anreizsystems
Motivation Wettbewerbs-Analyse Weitere
  • Fokus auf intrinsischer Motivation, falls möglich
  • geschickte extrinsische Anreize, um ggf. intrinsische Motivation zu aktiveren
  • Förderung der intrinsischen Motivation, indem Nutzen eines Beitrags direkt angezeigt wird
  • Einfachheit des Anreizsystems
  • Prämien sehr einfach einzulösen (direkt auf dem entsprechenden Portal)
  • neben Prämien- auch Statuspunkte
  • Punkte verfallen nach definierter Zeit
  • Einsatz von unternehmenseigenen Produkten als Prämie
  • transparent, flexibel, gerecht, wirtschaftlich, individuell, leistungsorientiert, motivierend
  • anwendbar auf Gruppen- und auf Individualebene
  • wenn finanzielle Incentives, dann zeitlich begrenzt
  • langfristige Auslegung des Systems
  • Mehrwert muss Aufwand überwiegen
  • Schutz der Privatsphäre
  • Prämien interessant, verfügbar und leicht erreichbar

Konzeptbausteine

Die folgende Abbildung zeigt verschiedene Szenarien unterschiedlicher Aspekte in einem Anreizsystem. Welche Motivation hinter der Systemnutzung selbst steht, ist an dieser Stelle nicht wichtig. Hier wird beleuchtet, welche unterschiedlichen Möglichkeiten bei der Umsetzung eines Anreizsystems es gibt und welche als Bausteine aufgefasst werden, die dann wahlweise verwendet werden können. Im Vordergrund stehen die Art und Weise, wie Punkte verdient werden könnten und was man im Folgenden mit diesen anfangen kann.

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Bausteine für die Punktevergabe

In dem angedachten Verwendungsbereich des Anreizsystems (Ideengenerierung) ist es schwer, die vorgeschlagenen Ideen anhand ihres Marktpotenzials zu bewerten; unter Umständen ist es teilweise gar nicht möglich. Es bleibt daher die Möglichkeiten, die Punkte durch die Nutzer selbst verteilen zu lassen oder einfach definierte Punkte für bestimmte Aktivitäten zu verteilen.

Punkte durch Aktivität

Für jede mögliche Handlung in der Plattform gibt ein Punktekatalog vor, wie viele Punkte der Nutzer dafür erhält. Für Tätigkeiten mit geringem Aufwand (bspw. Anmelden am System, Statusmeldung aktualisieren) erhält man eine geringere Punktzahl, als für Tätigkeiten mit hohem Aufwand (bspw. Beiträge/Ideen schreiben).

Vorteil dieser Variante ist die einfache Umsetzbarkeit. Außerdem ist das System transparent und für die Nutzer einfach zu verstehen. Demgegenüber steht, dass ein solches System recht einfach zu manipulieren wäre (durch häufiges Anmelden am System) und somit ggf. nicht gerecht sein muss. Außerdem wäre es kein leistungsorientiertes System im qualitativen Sinne, da hier nur Quantität und nicht Qualität honoriert würde.

Punkte durch Nutzer-Bewertung

Eine deutlich manipulationssichere Variante wäre es, die Nutzer bei der Punktevergabe mit einzubeziehen. Hier sind zwei verschiedene Ansätze denkbar.

Jeder Beitrag ist mit einem „Gefällt-mir“-Button ausgestattet, mit dem die Nutzer anzeigen können, dass sie diesen Beitrag befürworten oder gut finden[ref]Vgl. z. B. Like-Button von Facebook oder G+-Button von Google.[/ref]. Um Manipulationen auszuschließen, sollte jeder Nutzer für einen Beitrag nur einmal abstimmen, aber beliebig viele Beiträge bewerten können. Aus der Anzahl der Personen, die den Beitrag gut finden, wird dann die Punktzahl errechnet, die der Inhaber des Beitrags dafür erhält.

Ein ähnlicher Ansatz wäre ein Button, mit dem man nicht unendlich oft abstimmen kann, sondern aus einem Punktekonto schöpft und so nur begrenzt viele Beiträge bewerten kann. Das Punktekonto könnte ein separates Konto sein, das nur für die Bewertung da ist, oder man schöpft direkt aus seinem Prämienpunktekonto. Die Punkte, die man für seine Beiträge erhält, können so direkt in die Ideen anderer fließen.

Bei beiden Varianten sollte der aktuelle Bewertungsstand des Beitrages direkt für jeden und insbesondere für den Beitragsschreiber sichtbar sein, da dies auf die intrinsische Motivation abzielen kann, wie bei den Anforderungen bereits festgestellt wurde.

Bausteine für das Einlösen der Punkte

Nach dem Verdienen der Punkte sollen die Punkte auch ausgegeben werden können. Eine der Anforderungen besagt, dass dies möglichst leicht und schnell funktionieren muss. Die Wettbewerbs-Analyse hat gezeigt, dass Prämien i.d.R. immer direkt auf der entsprechenden Internet-Präsenz eingelöst werden können.

Katalog

Dies ist die wohl meistgenutzte Einlösungsmöglichkeit für Prämien gegen Prämienpunkte. Ein vom Anreizsystem-Anbieter erstellter Katalog zeigt alle Prämien und die Anzahl der Punkte, die für die Einlösung erforderlich sind. Es ist gleichzeitig die einfachste Möglichkeit, da der Katalog bzw. seine Inhalte zentral erstellt und verwaltet werden.

Mögliche Prämien in einem Katalog könnten sein:

  • Sachprämien: Sie bieten die größte Bandbreite, sodass für jedes Interessensgebiet und jeden Punktestand eine Prämie zur Verfügung gestellt werden kann. Entscheidend ist hier der Blick auf die Zielgruppe und die darauffolgende kluge Auswahl des Prämienangebots.
  • Gutscheine: Im Grunde sind Gutscheine eine andere Art der Sachprämie, nur dass die ggf. aufwendige Zielgruppenanalyse weg fällt und der Gutschein so eine recht interessante Prämie für Empfänger, aber auch für Incentive-Geber sein kann.
  • Reisen/Workshops: Die wohl aufwendigste und teuerste Prämienart und daher nur begrenzt einsetzbar; aus diesem Grund aber auch eine begehrte Prämie. Hier kann es im Interesse des Unternehmens sein, die Reise mit einem zweckorientierten Rahmenprogramm zu verbinden und einen themengebundenen Workshop daraus zu gestalten.
  • Persönliche Würdigung: Diese Form der Prämie geht bereits in Richtung „Status“ des Punktesammlers. Beispielsweise wird er durch den zuständigen Geschäftsführer oder Vorstand persönlich empfangen, z. B. im Rahmen eines Events (ein Abendessen, Fußball-Spiel in VIP-Lounge, Konzertbesuch, etc.).
  • Wünsch-dir-was: Eine zusätzliche Möglichkeit, sehr spezielle Zielgruppen anzusprechen ist es, diesen individuelle Prämienwünsche auf Initiativvorschläge hin zu ermöglichen.

Virtueller Marktplatz

Eine weitere interessante Variante ist ein unternehmensinterner virtueller Marktplatz. Hier kann jedes Community-Mitglied sowohl als Anbieter, als auch als Einkäufer auftreten. Hat man eine bestimmte Fähigkeit oder Möglichkeit in einem Unternehmen (z. B. ein Designer, jemand mit 3D-Drucker, etc.) kann er dies auf dem Marktplatz anbieten und zusätzliche Punkte verdienen. Neben einem weiteren Kommunikationskanal im Unternehmen können dabei sinnvolle Synergien entstehen. Dienstleistungen, die normalerweise nicht so einfach zur Verfügung stehen und die ggf. sogar innerhalb der Wertschöpfungskette stattfinden (und damit ggf. positiven Effekt für das Unternehmen haben) sind so viel einfacher zu erreichen.

So reizvoll diese Variante ist, so schwierig ist es, sie auch umzusetzen. Wie ist zum Beispiel zu verfahren, wenn jemand eine sehr begehrte Dienstleistungen anbieten kann, selber aber keine Dienstleistungen anderer benötigt und so sein Punktestand ins unendliche wächst? So muss dieser eigentlich dynamisch und selbstverwaltende Marktplatz wiederum überwacht und ggf. komplizierte Regelungen eingeführt werden. Außerdem darf natürlich nicht die gesamte Arbeitszeit des Anbietenden eingesetzt werden, was ggf. auch reglementiert werden muss.

Eine Möglichkeit könnte aber sein, einen Katalog und einige Aspekte aus dem eben genannten zu verschmelzen: Einlösbare Prämien sind interessante unternehmensinterne Dienstleistungen, die aber nicht frei angeboten, sondern zunächst von den Zuständigen für das Anreizsystem organisiert und katalogisiert werden. Diejenigen, die diese Dienstleistung letztlich ausführen, tun dies dennoch im Rahmen ihrer Arbeitszeit.

Wetteinsatz

Punkte können in für gut befundene Beiträge (oder Ideen) investiert werden und so als eine Art Wetteinsatz betrachtet werden. Stellt sich die Idee im späteren Verlauf tatsächlich als interessant oder erfolgreich heraus, so erhält man den Einsatz zurück und zusätzlich eine bestimmte Anzahl Punkte dazu. Hier wird insbesondere der Spieltrieb der Teilnehmer angesprochen.

Bei dieser Möglichkeit müssen im konkreten Fall viele weitere Überlegungen angestellt werden. Insbesondere ist zu klären, wann ein Beitrag als erfolgreich betrachtet wird und wann der Gewinn dann ausgeschüttet wird. Der Vergleich mit einer Aktie ist hier nicht ganz korrekt, da eine Idee nach einiger Zeit ggf. „alt und verbraucht“ ist und es einfach keinen Sinn mehr macht, in sie zu investieren.

Statuspunkte

Neben den Prämienpunkten können je nach Ausgestaltung des Anreizsystems ggf. auch Statuspunkte verdient werden, um die Menschen auf einer anderen Ebene zu erreichen oder auch unterschiedliche Persönlichkeitstypen anzusprechen. Je höher der Statuspunktestand, desto höher ist das „Ansehen“ des Mitglieds innerhalb der Community.

Zunächst sollte der Status auf irgendeine Art und Weise angezeigt werden[ref]Bei Miles & More geschieht dies bspw. durch unterschiedliche Farben der Karte.[/ref]. Auf virtuellen Plattformen bieten sich dafür virtuelle Orden bzw. Insignien an. Das „Zur-Schau-Stellen“ des eigenen Erfolgs kann wichtiger Mechanismus bei der Motivation angesehen werden. Das Erreichen der nächsten Stufe kann für Community-Mitglieder Motivation genug sein, immer mehr beizutragen und ist so wichtiger Teil des Anreizsystems.

Zusätzlich zu solchen Statusauszeichnungen können gewisse Vorteile eingeführt werden, die nur Mitgliedern einer bestimmten Statusstufe vorbehalten sind. Diese Vorteile richten sich nach dem Kontext des Anreizsystems.[ref]Beim bahn.bonus-System können Bahnfahrer mit comfort-Status bspw. die bequemen Lounges für ihren Aufenthalt in den Bahnhöfen nutzen.[/ref]. Auf einer virtuellen Plattform müssen Annehmlichkeiten gefunden werden, die zwar begehrt, allerdings nicht unbedingt notwendig sein, um Mitglieder mit geringerem Status nicht zu vertreiben.

Fazit

In diesem Artikel wurde sich dem Thema der Einführung eines zunächst generischen Anreizsystems innerhalb einer unternehmensinternen virtuellen Plattform genähert. Dazu wurden Aspekte der zugrundeliegenden Motivation, von Anreizsystemen allgemein und von ausgewählten existierenden Anreizsystemen untersucht und daraus Anforderungen entwickelt, die es bei Entwicklung eines entsprechenden Anreizsystems zu beachten gilt.

Diese Anforderungen sind keinesfalls widerspruchsfrei. Mit Blick auf den Kontext des Systems müssen gegebenenfalls verschiedene Anforderungen gegeneinander abgewogen werden oder können einfach ignoriert werden.

Schlussendlich wurden verschiedene wiederum generische Bausteine vorgestellt, die als Denkanstoß für ein konkretes Anreizsystem in Form eines Punkteprogramms dienen sollen und entsprechend angepasst, verändert und kombiniert werden können. Auch hier ist bei der Ausgestaltung immer der Kontext im Auge zu behalten, da jedes Umfeld völlig andere Anforderungen an ein entsprechendes effektives und motivierendes Anreizsystem stellt.

Erste Schritte im CommunityMirror Labor datArena

[toc]Im Rahmen eines Projektes der Vorlesung „CSCW – Rechnergestützte Gruppenarbeit“ entsteht aktuell in der datArena auf dem Gelände der Universität der Bundeswehr München ein Testaufbau unseres CommunityMirror-Konzeptes. Die datArena ist ein aktiv betriebenes historisches Rechenzentrum mit Computern aus allen Generationen seit den 1950er Jahren und stellt ein neuartiges Lehr-, Forschungs- und Ausstellungszentrum bereit, das zwischen Technik-, Kultur- und Sozialgeschichte vermittelt und zugleich ein Forum für Begegnung bietet.[ref]Weitere Informationen zur datArena finden sich beispielsweise auf der entsprechenden Seite des Instituts für Softwaretechnologie unter http://www.unibw.de/inf2/Forschung/Forschungsthemen/datArena oder auf der eigens eingerichteten Webpräsenz des Computermuseums München.[/ref] In diesem Setting steht eine Fläche von ca. 20 Quadratmetern zur Verfügung, um die verschiedenen Hardware-Komponenten von CommunityMirrors in einem konsistenten Laborumfeld aufzubauen, damit ihr Zusammenwirken in der Praxis überprüfen werden kann.

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Dieser Artikel beschreibt die bisherigen Vorgänge bis zum aktuellen Stand, wobei die Installation noch nicht abgeschlossen ist. Daher wird in der nächsten Zeit abhängig vom Fortschritt des Projektes ein weiterer Artikel erscheinen.

Aufbau

Kernaufgabe war es, die Hardware zu positionieren und aufzubauen. Der Laborbereich liegt in einer Ecke der datArena und ist somit von zwei Wänden begrenzt und von den anderen beiden Seiten zugänglich. Da der Bereich möglichst offen wirken soll und die Wege aufgrund der Fluchtwegsbestimmungen ohnehin frei bleiben müssen, konnten nur wenige Komponenten an den offenen Seiten platziert werden. Das zentrale Element ist der große Wandbildschirm, der natürlich an einer Wand befestigt wird, wodurch sich auch die restlichen Elemente eher an den Wänden orientieren. Des Weiteren sind die Standorte der RFID-Antennen für die Benutzeridentifikation relativ genau vorgegeben, da sie ganz bestimmte Bereiche erfassen sollen.

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Die grundlegende Platzierung der Geräte ist inzwischen abgeschlossen: Der Wandbildschirm als zentrales Element ist in Augenhöhe mittig an der längeren Wand befestigt. Die RFID-Antennen sind seitlich davon in den Raum ragend positioniert, während die Fingerprintsensoren am Monitor befestigt werden. Eingerahmt wird der Bereich von zwei Arbeitsplätzen mit Workstations (PC & Mac). Das Terminal steht mit dem Display zur Wand am PC-Arbeitsplatz, um dort eine private Zone zu erzeugen und gleichzeitig die Geschehnisse am großen Monitor verfolgen zu können. Die Trolley-PCs sind frei beweglich. Am PC-Arbeitsplatz ist in erhöhter Position eine Webcam angebracht, die einen möglichst großen Bereich erfasst, damit sich Aufnahmen und Videos zur Protokollierung von Vorgängen im Interaktionsbereich erstellen lassen. Um zusätzliche „Lounge“-Atmosphäre zu schaffen, ist mittig im Bereich eine Sitzgruppe mit mehreren Sesseln eingerichtet.

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Installation/Konfiguration

Neben diversen Aktualisierungen, die an den PCs und am Setting vollzogen werden mussten (Updates einspielen, CommunityMirrors-Framework aktualisieren, Kabel verlegen, etc.), bestand die Hauptarbeit in der Konfiguration und Integration der verschiedenen CommunityMirror-Komponenten, die im Folgenden kurz in ihrem Gesamtzusammenhang beschrieben werden.

RFID

Die Standorte der Antennen standen, wie oben bereits beschrieben, bereits fest. Daher mussten diese nur entsprechend aufgestellt und an die Lesegeräte angeschlossen werden. Dazu wurden je 2 Antennen an den Mid-Range und den Long-Range Reader angeschlossen. Ersterer dient zur Erfassung von Personen in der aktiven Zone, also derjenigen Personen, die direkt mit dem Wandbildschirm interagieren. Letzterer erfasst Personen, die sich dahinter befinden und das Geschehen passiv beobachten bzw. nur mit den Personen in der aktiven Zone interagieren, nicht aber mit dem Gerät selbst. Da die Lesegeräte beide an den Host-Rechner am Wandbildschirm angeschlossen werden mussten, sind diese in unmittelbarer Nähe davon positioniert.

Die Konfiguration der beiden Lesegeräte musste unabhängig erfolgen, da das eine per USB angeschlossen wird (Mid-Range Reader) und das andere per Ethernet (Long-Range Reader). Mit den RFID-Lesegeräten ist es, anders als es die Namensbezeichnung „Reader“ vermuten lässt, auch möglich, die zugehörigen RFID-Chipkarten mit einer selbst gewählten ID zu beschreiben. Dazu ist eine andere Konfiguration der Geräte nötig, als wenn die gelesenen RFID-Daten zum Host-Rechner übertragen werden. Die Umschaltung zwischen Konfigurationen geht mithilfe des mitgelieferten OBID ISOStart relativ schnell. Das CommunityMirrors-Framework besitzt bereits eine Schnittstelle zur Verwendung der RFID-Daten, sodass die Anzeige des Wandbildschirms in der datArena nun auf erkannte Personen reagieren kann.

Auch im Stand-Terminal ist ein RFID-Lesegerät, sowie eine entsprechende Antenne integriert. Es handelt sich um denselben Mid Range-Reader, der auch am Wandbildschirm Verwendung findet, sodass die Einrichtung hier analog verläuft.

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Fingerabdruckscanner

Vor allem am zentralen Wandbildschirm kommen Fingerabdruckscanner zur Anwendung, um sich am Gerät anzumelden und sich so zum Beispiel benutzerspezifische bzw. personalisierte Informationen anzeigen zu lassen. Weiterhin können Informationen hierdurch in einer Art Warenkorb gesammelt und per E-Mail verschickt werden, um sie beispielsweise am Arbeitsplatz oder zu Hause ebenfalls zur Verfügung zu haben.

Im CommunityMirrors-Framework sind bereits mehrere Ansätze zur Integration der Geräte vorhanden. Auch am Stand-Terminal wird in Kürze ein Fingerabdruckscanner angebracht werden, um personalisierte Informationsmitnahme zwischen dem halböffentlichen Interaktionsbereich und der privaten Interaktionszone am Terminal zuzulassen.

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Näherungssensoren

An einigen Geräten sind Näherungssensoren zur Erfassung einer Person im näheren Umfeld integriert, um zum Beispiel Bildschirmschoner oder ähnliches zu unterbrechen und interessantere Informationen anzeigen zu können. Hier findet jeweils dasselbe Modell Verwendung.

An Trolleys und Stand-Terminal sind die Näherungssensoren bereits integriert und installiert, sodass im Falle des Terminals dieser nur noch richtig befestigt werden musste. Der Näherungssensor vom Wandbildschirm dagegen konnte noch nicht angebracht werden, da zum einen die Frage der Stromversorgung noch offen ist, zum anderen wird der Sensor normalerweise an einen COM-Port angeschlossen, der Rechner im Wandbildschirm aber über keinen verfügt, sodass ein COM-Port/USB-Adapter notwendig ist.

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Netzwerkkonfiguration

Die im Setting integrierten Rechner verfügen alle über einen Internet-Zugang, der über das Rechenzentrum-eigene WLAN, welches vor Kurzem in der Halle installiert wurde, bereitgestellt wird. Hierüber werden insbesondere die mobilen Trolleys angeschlossen. Daneben existiert eine ebenfalls vom Rechenzentrum verlegte Kabelverbindung.

Um die angebundenen Komponenten (RFID-Lesegerät, Fingerabdrucklesegeräte) vom Uni-Netz zu trennen und sie in einem Subnetz gliedern zu können, wurde im Rechner des Wandbildschirms eine zweite Ethernetschnittstelle integriert.

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Weitere Komponenten

Neben den oben beschriebenen, bereits seit Längerem für CommunityMirrors eingesetzten Systembestandteilen, sind vor Kurzem weitere Komponenten hingekommen, die noch installiert und konfiguriert werden müssen. Dazu zählt zunächst eine Microsoft Kinect, eigentlich eine Erweiterung der Spielekonsole Xbox 360, über die sich aber auch der Rechner per Gestensteuerung bedienen lässt. Dazu existieren Open Source Treiber, die dies unter anderem auch für Windows XP ermöglicht. Microsoft selbst hat vor kurzem ein Kinect-SDK für Windows als Beta-Version veröffentlicht, sodass die Möglichkeit besteht, das Gerät noch weitergehend in das Framework zu integrieren.

Auch mit dem sogenannten Headtracker TrackIR 5 Pro lässt sich der Rechner auf andere Weise steuern. Dabei wird eine Tracking-Komponente auf einer Schirmmütze auf dem Kopf eines Nutzers befestigt, ein Sensor ermittelt so die Kopfbewegungen und gibt diese an den Hostrechner weiter.

Zuletzt sind die Wii-Controller zu nennen, die eigentlich Zubehör der Nintendo Wii sind, mit passenden Treibern aber auch eine Maus ersetzen können. Die Steuerung schien in einem ersten Test allerdings nicht sehr präzise, sodass für diese Art der Steuerung eine gewisse Menge an Fingerspitzengefühl notwendig ist.

[nggtags gallery=datArena+Steuerung]

Mehrwert des Labors

Mit dem Aufbau des Labors wurde das CommunityMirrors-Konzept, welches bisher eher in theoretischer Form existierte, in die Tat umgesetzt. Im Folgenden können nun Forschungsarbeiten in dieser Richtung direkt am Objekt in der Praxis umgesetzt oder getestet werden. So kann das Labor bei wissenschaftliche Arbeiten, wie zum Beispiel Bachelor- oder Masterarbeiten, eine wertvolle Hilfe beim Testen von Komponenten oder Implementierungen in einem bestehenden Setting sein. Neue potentielle Komponenten lassen sich direkt testen, wie es bei der Microsoft Kinect und weiteren Komponenten bereits geschieht. Außerdem können theoretische Konzepte in der Praxis untersucht und verifiziert werden.

Ausblick

Der Testaufbau ist noch nicht abgeschlossen. Neben den neuen Komponenten, die noch integriert werden müssen, sind auch noch nicht alle ursprünglichen Arbeiten erledigt. So fehlen beispielsweise noch Kabelschächte und ein weiterer Arbeitsplatz. Weitere Informationen dazu folgen in einem späteren Bericht.

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Konzeption eines Analyserasters für die szenario-spezifische Eignungsfeststellung von Multitouch-Tablets

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Durch die immer größer werdende Anzahl an verschiedenen Multitouch-Tablet-Modellen, sowie deren Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten in den unterschiedlichsten Szenarien, ist die Auswahl eines geeigneten Gerätes für einen konkreten Einsatzzweck in der heutigen Zeit schwierig und aufwendig. Die hier dargestellte Bachelorarbeit „Konzeption eines Analyserasters für die szenario-spezifische Eignungsfeststellung von Multitouch-Tablets“ beschäftigt sich daher mit Szenario- und Geräte-Variablen, sowie deren Bedeutung und Einfluss auf die Eignungsfeststellung von Multitouch-Tablets. Dazu wird ein Analyseraster für einen einfach durchzuführenden und nachvollziehbaren Bewertungsprozess geschaffen, in dem verschiedene Geräte-Alternativen nach gewählten szenario-spezifischen Kriterien untersucht werden, um schließlich in einer Rangordnung platziert werden zu können.

Problemstellung & Zielsetzung

Das Bedienkonzept und die in der Regel hohe Anpassungsfähigkeit scheinen Multitouch-Tablets zunächst für eine große Bandbreite an neuen Einsatzgebieten zu qualifizieren[ref]TULLY, J., FEN, J., & BARBER, J. (2010). Cool Vendors in Multitouch User Interface, 2010. Gartner, Inc.[/ref]. Doch je nach Einsatzzweck unterscheiden sich die Ansprüche, die an das zu verwendende Gerät gestellt werden. Ziel des europäischen Forschungsprojektes SI-Screen (Social Interaction Screen)[ref]Projekt-Homepage: http://www.si-screen.eu/[/ref] ist es, vor allem Senioren die Interaktion mit anderen Menschen zu ermöglichen (beispielsweise über Facebook u. a.). Denkbar ist  dafür beispielsweise der Einsatz eines Multitouch-Tablets. In der hier dargestellten Bachelorarbeit wird dieses konkrete Szenario daher herangezogen und das geschaffene Analyseraster darauf angewendet, um seine Praxistauglichkeit zu erproben.

Die heutigen Modelle unterscheiden sich teilweise sehr stark in ihren Merkmalen und Eigenschaften, sodass eine sorgfältige Auswahl besonders wichtig ist. Insbesondere in Szenarien, in denen konträre Aspekte gegeneinander abgewogen werden müssen, ist dem Auswahlprozess ein hoher Stellenwert zuzusprechen. Dieser Prozess gestaltet sich derzeit noch schwierig, da man auf keine oder kaum Erfahrungen zurückgreifen kann, welches Tablet für einen definierten Einsatz geeignet ist und es an geeigneten Bewertungsschemata fehlt, die den Entscheidungsträger in einer Auswahlsituation unterstützten könnte.

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In der dargestellten Arbeit wird nun ein Analyseraster geschaffen, mit dessen Hilfe es möglich sein soll, geeignete Multitouch-Tablets für ein konkretes Szenario zu identifizieren. Die Eigenschaften eines Gerätes sollen dabei anhand einer szenario-spezifischen Bewertungsgrundlage bewertet werden, um so schließlich eine nachvollziehbare und begründete Empfehlung für ein oder gegebenenfalls mehrere Geräte aussprechen zu können.

Konzeption eines generischen Analyserasters

In diesem Abschnitt werden die Gesichtspunkte angerissen, die zur Konzeption des Analyserasters notwendig sind. Dazu werden die Fragen einer allgemeinen Bewertungssituation aufgegriffen und besprochen.

Aspekte einer Bewertungssituation

In einer allgemeinen Bewertungssituation stellen sich die Fragen nach dem Bewertungsziel, dem Bewertungsobjekt, dem Bewertungszeitpunkt, dem Bewertungsverfahren, dem Bewertungsträger und dem Bewertungsmaßstab [ref]PIETSCH, T. (2003). Bewertung von Informations- und Kommunikationssystemen: ein Vergleich betriebswirtschaftlicher Verfahren. Berlin, Erich Schmidt.[/ref]. Um das Analyseraster so simpel wie möglich zu halten, sollen diese Fragen, so weit möglich, bereits beantwortet werden. Der Durchführende hat die Aufgabe die Spezifikationen des konkreten Szenarios in das generische Analyseraster einzuarbeiten.

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Das allumfassende Bewertungsziel wird im Analyseraster in der Szenario-Beschreibung aufgegriffen und muss hier individuell beantwortet werden. Die Frage nach dem Zeitpunkt der Durchführung des Analyserasters, sowie die nach dem Bewertungsträger stellen sich an dieser Stelle nicht. Dies sind dem Analyseraster vorgelagerte Fragen, die bereits beantwortet worden sind, wenn mit der Durchführung des Analyserasters begonnen wird. Das Bewertungsobjekt wird hier grob auf die Klasse der Multitouch-Tablets eingegrenzt. Welche Modelle konkret bewertet werden, muss jeweils beim Anwenden des Analyserasters festgelegt werden. Die komplexeren Fragen nach dem Bewertungsverfahren und dem Bewertungsmaßstab werden durch die Vorgabe eines (groben) Schemas beantwortet.

Die Nutzwertanalyse als Basis für das Analyseraster

Als Basis des Analyserasters dient ein Verfahren der Entscheidungstheorie, die sogenannte Nutzwertanalyse. Sie ist ein multikriterielles Verfahren [ref]ZANGEMEISTER, C. (1976). Nutzwertanalyse in der Systemtechnik: e. Methodik zur multidimensionalen Bewertung u. Auswahl von Projektalternativen. München, Wittemann.[/ref], sodass gleichzeitig mehrere unterschiedliche Aspekte berücksichtigt und bewertet werden können, was bei Szenarien, die in der Regel verschiedenartige Bewertungskriterien vorgeben, unumgänglich ist. Zudem hat sie sich früh als praxistauglich erwiesen [ref]BECHMANN, A. (1978). Nutzwertanalyse, Bewertungstheorie und Planung. Bern, P. Haupt.[/ref] und kann strukturiert und nachvollziehbar durchgeführt werden. Dabei wird ein hierarchisches Zielsystem erstellt, in dem sich in der untersten Ebene die Bewertungskriterien eingliedern. Eine Zielertragsmatrix gibt an, welche konkreten Ausprägungen das jeweilige Kriterium für jede Alternative hat. In der Zielerfüllungsmatrix wird auf einer Skala angegeben, inwieweit die Ausprägung einer Eigenschaft für das Ziel von Nutzen ist. Zusammen mit einer Gewichtung jedes Kriteriums können dann die Nutzwerte berechnet werden, welche den Nutzen jeder Alternative hinsichtlich des Zielsystems angeben. Die Nutzwertanalyse darf dabei allerdings nicht als feststehendes Ablaufschema verstanden werden, da es eine allgemeingültige Schrittabfolge, die für jede Situation passt, nicht geben kann [ref]ZANGEMEISTER, C. (1976). Nutzwertanalyse in der Systemtechnik: e. Methodik zur multidimensionalen Bewertung u. Auswahl von Projektalternativen. München, Wittemann.[/ref]. Aufgrund dieser Eigenschaft kann sie im Folgenden im Sinne der Zielsetzung der dargestellten Arbeit angepasst werden.

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Von der Nutzwertanalyse zum Analyseraster

Aufbauend auf die Nutzwertanalyse wird das Analyseraster entworfen. Jede Phasen der Nutzwertanalyse wird besprochen und an die Gegebenheiten einer Bewertungssituation von Multitouch-Tablets angepasst. Die unten stehende Abbildung zeigt die dabei entstehenden Phasen, welche wiederum teilweise aufeinander aufbauen, aber ebenfalls nicht als starres Ablaufschema verstanden werden dürfen. Der folgende Abschnitt geht näher auf die einzelnen Phasen des in der Arbeit entworfenen Analyserasters ein.

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Das Analyseraster

Im Folgenden werden die Bestandteile des Analyserasters dargestellt, wie sie auch in der oben stehenden Grafik zu sehen sind.

Szenario-Beschreibung

Die Szenario-Beschreibung dient zunächst der Beantwortung der Frage, aus welchem Grund das Analyseraster durchgeführt werden soll. Außerdem werden die verschiedenen Eigenschaften des konkreten Szenarios dargestellt. Zur besseren Strukturierung werden diese in die Kategorien Ort/Lage, Nutzergruppe und Nutzungskontext eingeteilt[ref]Einteilung der Kategorien nach: STEWART, J. (2005). Context Perspectives for Scenarios and Research Development in Mobile Systems. In Mobile World, Computer Supported Cooperative Work, Pages 161-194. Springer London.[/ref], sodass die Gefahr gemindert wird, wichtige Szenario-Eigenschaften zu übersehen. Die Grafik zeigt mögliche Merkmale eines Szenarios[ref]Merkmale aus: DE SÁ, M., & CARRICO, L. (2008). Defining scenarios for mobile design and evaluation. In CHI’08 Extended Abstracts on Human Factors in Computing Systems, Pages 2847-2852, New York, New York, USA.[/ref], die je nach Notwendigkeit erweitert werden können. Die Feststellung der Szenario-Eigenschaften soll auch eine Überleitung zu den Aggregaten darstellen, um eine Grundlage für deren Auswahl zu schaffen.

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Aggregate

Aggregate sind in diesem Kontext eine Zusammenfassung von Kriterien zu abstrakteren Kriterien[ref]SCHOLLES, F. (2006). Die Nutzwertanalyse und ihre Weiterentwicklung. URL http://www.laum.uni-hannover.de/ilr/lehre/Ptm/Ptm_BewNwa.htm. Retrieved: 29.11.2010.[/ref]. Die Geräte-Eigenschaften sind hier also zu sinnvollen Gruppen zusammengefasst, welche als Aggregate bezeichnet werden. Bei konkreter Anwendung des Analyserasters kann so von den festgestellten Szenario-Eigenschaften zunächst auf die Aggregate geschlossen werden. Dies soll es dem Anwender erleichtern vom Szenario auf die letztlich zu bewertenden Kriterien zu schließen und kann als Zwischenschritt angesehen werden. Aggregate können darüber hinaus auch bei der späteren Gewichtung der Kriterien eine Rolle spielen. Um eine Hilfestellung für die Auswahl von passenden Aggregaten zu geben, zeigt die unten stehende Grafik eine Auswahl an möglichen Aggregaten. Diese kann individuell erweitert werden.

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Zu bewertende Kriterien

Theoretisch ließen sich bereits die festgelegten Aggregate bewerten, was in den meisten Fällen aber wohl zu grobkörnig wäre. Daher wird im Folgenden ein Überblick über die allgemeinen Eigenschaften und Merkmale von Multitouch-Tablets gegeben. Je nach Szenario können die Eigenschaftsausprägungen eines Gerätes zur Eignung beitragen. Die Abbildung zeigt exemplarisch eine kleine Auswahl an Eigenschaften von Multitouch-Tablets. Diese wurden direkt den Aggregaten zugeordnet, um das Schließen von Aggregaten auf Eigenschaften zu vereinfachen. Eigenschaften können dabei mehreren Aggregaten zugeordnet sein. Zu beachten ist, dass auch die in der Arbeit dargestellte Charakteristik von Multitouch-Tablets nicht als vollständig angesehen werden darf und weitere Eigenschaften eingepflegt werden können. Auch die Zuordnung von Eigenschaften zu Aggregaten sollte nicht als feststehend angenommen werden, sondern je nach Szenario an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden. Weiterhin lässt sich der Detailgrad vieler Kriterien noch erhöhen. Dies muss ebenfalls bei Bedarf für ein gegebenes Szenario geschehen.

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Gewichtung

Die Gewichtung von Kriterien ist von entscheidender Bedeutung, insbesondere bei Vorhandensein von Kriterien, die in Konflikt zueinander stehen[ref]YEH, C.-H., WILLIS, R. J., DENG, H., & PAN, H. (1999). Task oriented weighting in multi-criteria analysis.European Journal of Operational Research. 119, 130.[/ref]. Dabei sind mehrere Verfahren für den Gewichtungsprozess möglich. In der Rregel wird bei allen Verfahren von 100 zu verteilenden Gewichtungspunkten ausgegangen[ref]SCHIERENBECK, H. (2000). Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre [Hauptbd.]. München, Oldenbourg[/ref] [ref]BECHMANN, A. (1978). Nutzwertanalyse, Bewertungstheorie und Planung. Bern, P. Haupt.[/ref], sodass die relative Relevanz jedes Kriteriums anhand der ihm zugeteilten Gewichtspunkte abgelesen werden kantn. Die Kriteriengewichtung ist ein komplexer Vorgang, sodass hier oftmals Fehler entstehen, die sich auf das Ergebnis eines Bewertungsprozesses auswirken[ref]YEH, C.-H., WILLIS, R. J., DENG, H., & PAN, H. (1999). Task oriented weighting in multi-criteria analysis. European Journal of Operational Research. 119, 130.[/ref]. Daher wird hier die Präferenzmatrix-Methode für diesen Prozess vorgeschlagen[ref]Die Methode dem folgenden Werk entsprechend dargestellt: SCHIERENBECK, H. (2000). Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre [Hauptbd.]. München, Oldenbourg.[/ref]. Dabei wird jedes Kriterium paarweise mit den anderen verglichen und in einer Matrix vermerkt, welches Kriterium das relevantere in Hinsicht der Zielsetzung des Bewertungsvorganges ist. Anhand der Matrix lässt sich dann für jedes Kriterium das jeweilige Gewicht errechnen. Bei sehr vielen Kriterien ist es auch denkbar, schrittweise zunächst die Gewichtung der Aggregate zu bestimmen (Grobgewichtung), daraufhin die Gewichtung der Kriterien innerhalb jedes Aggregates (Feingewichtung) und daraus die Gewichtung jedes Kriteriums zu berechnen (Gesamtgewichtung des jeweiligen Kriteriums). Die Abbildung zeigt ein examplarisch durchgeführtes Gewichtungsverfahren mit Hilfe einer Präferenzmatrix. Dabei werden einem höher bewerteten Kriterium zwei Punkte, einem niedriger bewerteten Kriterium null Punkte zugeordnet. Gleichwertige Kriterien bekommen einen Punkt. Anhand der Nennungen eines Kriteriums wird dann sein Gewicht errechnet.

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Bewertungsgrundlage

In einem weiteren Schritt ist festzulegen, anhand welcher Bewertungsgrundlage die Kriterien bewertet werden sollen. Für das Analyseraster wird eine dreistufige Skala mit den Zielwerten 0 („schlecht“), 1 („zufriedenstellend“) und 2 („gut“) gewählt. Diese Auswahl wird getroffen, um die Komplexität des Bewertungsvorganges nicht weiter zu erhöhen. Eine noch feinere Unterteilung würde den Anwender vor die Herausforderung stellen, Eigenschaftsausprägungen sehr fein skalieren zu müssen. Für jedes zu bewertende Kriterium muss nun geklärt werden, welche Eigenschaftsausprägungen welchen Zielwert erhalten. Dies wird anhand der möglichen Ausprägungen und der Szenario-Eigenschaften beziehungsweise den Aggregaten ermittelt. Ist in einem Szenario beispielsweise das Aggregat Ergonomie von Bedeutung und soll infolgedessen die Gerätegröße bewertet werden, so kann aus Gründen der Handhabung einem große Gerät eine höhere Punktzahl zugeordnet werden als einem kleinen Gerät. Ist dagegen das Aggregat Mobilität festgelegt worden und es soll daraufhin ebenfalls die Geräte-Größe bewertet werden, so wird eher dem kleinen Gerät eine höher Punktzahl zugeordnet. Dieses Beispiel zeigt auch, dass das selbe Kriterium mehrfach im Bewertungsprozess vorkommen kann (hier: wenn die Geräte-Größe in Hinsicht Ergonomie \underline{und} Mobilität bewertet werden soll). In solch einem Fall kommt insbesondere die Gewichtung zum tragen.

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Ermittlung der Alternativen

Die Alternativen sind in einem Entscheidungsprozess oftmals vorgegeben[ref]NITZSCH, R. V. (2006). Entscheidungslehre. Aachen, Verlagshaus Mainz GmbH.[/ref], wie es zum Beispiel bei Standort- oder Produktalternativen der Fall ist. Da hier letzteres zutrifft, kann davon ausgegangen werden, dass die Alternativenfindung für das Analyseraster zunächst nur die Frage nach der Verfügbarkeit von Geräten bedarf. Dazu sollte eine aktuelle Marktübersicht genügen. Kommen dabei zu viele Geräte zur Bewertung in Frage ist es möglich an dieser Stelle Anspruchniveaus zu definieren, welches eine Grenze der Ausprägung für ein ausgewähltes Kriterium festlegt[ref]NITZSCH, R. V. (2006). Entscheidungslehre. Aachen, Verlagshaus Mainz GmbH.[/ref]. Eine Gerät wird dann nicht weiter betrachtet, wenn seine Merkmalsausprägung diese gesetzte Grenze nicht über- beziehungsweise unterschreitet. Sind weiterhin zu viele Geräte zu bewerten, kann die Grenze restriktiver gesetzt werden oder es werden weitere Anspruchniveaus für weitere Kriterien festgelegt.

Berechnung der Nutzwerte

Nun können die Nutzwerte der Geräte anhand ihrer Eigenschaftsausprägungen und deren Zuordnung zur Bewertungsgrundlage errechnet werden. Dazu werden für jedes Gerät separat die erhalten erhaltenen Punkte für ein jeweiliges Kriterium mit der Gewichtung für das Kriterium multipliziert und anschließend diese Teilnutzwerte zum Gesamtnutzwert addiert. Die Alternative mit dem höchsten Gesamtnutzwert kann als die optimale Alternative betrachtet werden[ref]INGERFELD, M. (2006). Technologieerwerb Alternativen – Ziele – Entscheidungsverfahren. Erlangen, Nürnberg, Univ., Diss., 2006.[/ref]. Zur besseren Darstellung, können die Geräte anhand ihrer Nutzwerte noch in einer Rangordnung dargestellt werden. Abbildung zeigt eine exemplarische Berechnung von Nutzwerten. Die Punktwerte wurden anhand einer (fiktiven) Bewertungsgrundlage vergeben.

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Schwachpunkte

Die Schwachpunkte des dargestellten Analyserasters lassen sich auf die Schwachpunkte der Nutzwertanalyse zurückführen. So baut der Bewertungsvorgang oftmals auf vorher gemachte Annahmen und Folgerungen auf, die immer auf der Interpretation des Durchführenden beruhen. Dementsprechend ist die letztlich gemachte Bewertung subjektiv[ref]PIETSCH, T. (2003). Bewertung von Informations- und Kommunikationssystemen: ein Vergleich betriebswirtschaftlicher Verfahren. Berlin, Erich Schmidt.[/ref], was das Einschätzen der Qualität schwierig gestaltet. Indem man allerdings die Forderung nach Begründbarkeit stellt und so jede Annahme und Entscheidung nachvollziehbar rechtfertigt, kann die vorgeworfene Subjektivität gemindert werden[ref]BECHMANN, A. (1978). Nutzwertanalyse, Bewertungstheorie und Planung. Bern, P. Haupt.[/ref]. Ein weiteres Problem kann die Interpretation des Gesamtergebnisses sein. Die Ergebnisse sind nur als relativ zueinander anzusehen, da sie aus Vergleichen entstanden sind[ref]NIKLAS, C. & BUCHER, J. (2004). NWA – Nutzwertanalyse als Entscheidungshilfe mit Beispielen. URL http://community.easymind.info/page-76.htm. Retrieved: 04.11.2010.[/ref]. Es lässt sich daher nicht unbedingt eine Aussage darüber treffen, wie gut ein Gerät zu einem Szenario passt. Bestehen Zweifel an den Ergebnissen eines durchgeführten Analyserasters, so kann eine Anwendung der sogenannten Sensibilitätsanalyse sinnvoll sein[ref]INGERFELD, M. (2006). Technologieerwerb Alternativen – Ziele – Entscheidungsverfahren. Erlangen, Nürnberg, Univ., Diss., 2006.[/ref], bei der geprüft wird, wie sich Variationen von Annahmen auf das Gesamtergebnis auswirken.

Zusammenfassung & Ausblick

In der dargestellten Arbeit wird ein Analyseraster zur Durchführung einer einfachen und nachvollziehbaren Bewertung verschiedener Geräte-Alternativen für Szenarien konzipiert und besprochen. Für die zu untersuchenden Multitouch-Tablets werden dabei hinsichtlich der Szenario-Merkmale Kriterien gewählt, der Ausprägung für jedes Gerät überprüft wird. Die Geräte können anhand entsprechend erhaltener Punktwerte in eine Rangfolge gebracht werden. Diese trifft eine Aussage darüber, welches der Geräte am geeignetsten für ein Szenario ist und hilft so bei der Auswahl eines entsprechenden Geräte-Modells.

Das Ergebnis kann als richtungweisend, nicht aber als über alle Zweifel erhaben angesehen werden. Da das Analyseraster eher auf dem Papier stattfindet und wohl auch selten alle zu bewertenden Geräte zum Testen zur Verfügung stehen, liegt der Schwerpunkt auf einem der Anschaffung vorausgehenden Bewertungsprozess. Vor Erwerb einer unter Umständen größeren Stückzahl an Geräten, sollte das jeweilige Modell auf Praxistauglichkeit geprüft werden.

Für einen mathematisch berechenbaren Bewertungsprozess ist das Analyseraster nicht geeignet. Um dies zu gewährleisten, hätte als Basis zum Beispiel der Analytische Hierarchieprozess (AHP) gewählt werden müssen, der mathematisch deutlich fundierter ist. Denkbar wäre, beide Verfahren, Nutzwertanalyse und Analytischer Hierarchieprozess, als Basis zu kombinieren und so die Stärken beider Verfahren im Analyseraster zu vereinen. Allerdings ist dabei zu beachten, dass ein höherer Anteil der Schematisierung in diesem Fall deutlich zu Lasten der Verständlichkeit geht und weniger Freiheiten lässt. Das kann je nach Anwendung natürlich gewünscht sein. Eine solche Anpassung könnte Teil zukünftiger Arbeiten sein.

In Hinsicht auf die Zukunftstauglichkeit des Analyserasters kann festgestellt werden, dass diese durchaus sichergestellt ist. Zunächst ist sie gerade nicht auf ein konkretes Szenario festgelegt und kann auf beliebige, auch zukünftige, Szenarien angewendet werden. Auch die durch die fortlaufende Entwicklung neu hinzukommenden Geräte-Eigenschaften können problemlos in das Analyseraster eingepflegt werden, während die Struktur des Analyserasters selbst nicht verändert werden muss.

Danksagung

Dieser Beitrag steht im Zusammenhang mit dem Forschungsprojekt SI-Screen, das mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung, und Forschung (Förderkennzeichen 16SV3982), sowie durch das Europäische AAL Joint Programm (AAL-2009-2-088) gefördert wird. Das Vorhaben wird von der innovationsmanufaktur GmbH (ehemals SportKreativWerkstatt GmbH) koordiniert und gemeinsam mit der Universität der Bundeswehr München realisiert. Weiterführende Informationen sind verfügbar unter http://www.si-screen.eu.